Tiere können nicht für sich selbst sprechen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir als Menschen unsere Stimme für sie erheben und uns für sie einsetzen. (Gillian Anderson)

 

Tierschutz im Ausland

 

Wieder einmal ist eine Spendenfahrt zu Ende. Jedes Mal versuchen wir die Bilder und Gedanken, die uns nach jeder dieser Ungarnfahrten durch den Kopf schwirren, zu verarbeiten. Teilweise fällt es uns wirklich schwer. Obwohl es viele schöne Momente bei solchen Fahrten gibt, wir auch viel lachen und unsere gemeinsame Zeit genießen, setzen sich fast ausschließlich die traurigen und doch so hoffnungsvollen Augenpaare der unzähligen, sich nach Liebe und Zuwendung sehnenden Tiere in unseren Köpfen fest.

Immer wieder fragen uns Bekannte oder Arbeitskollegen, ob man sich „so Etwas“ antun muss und ob es denn überhaupt Sinn macht unbedingt Tierschutz im Ausland betreiben zu wollen. Ja, für uns schon!
Der Tierschutz in Ungarn ist auf jeden Fall unterstützungswürdig, nicht nur weil die dortigen Tierschutzvereine grundsätzlich vom Staat so gut wie keine Gelder erhalten und die Spendenbereitschaft der Menschen im eigenen Land aufgrund der Armut eigentlich gar nicht existiert, sondern weil die mit uns zusammen arbeitenden ungarischen Tierschützer bereits in ihrer Stadt und im direkten Umland mit ihrer Arbeit enorm viel Änderungen in der Denkweise der Menschen erreicht haben.

 

Im dortigen Tierschutz betätigen sich mittlerweile viele Jugendliche ehrenamtlich, die fast jeden Tag ins Tierheim kommen um mitzuhelfen oder mit den Tieren zu arbeiten. Man hat bereits eine kleine Hundeschule organisiert, in der regelmäßig Kurse stattfinden. Aus dem Kreis der Ehrenamtlichen finden sich mehr und mehr Pflegestellen, die schwächere oder bedürftige Tiere mit zu sich nach Hause nehmen. Diese Tiere pflegen bis zur endgültigen Vermittlung. Immer mehr, insbesondere junge Menschen aus der Bevölkerung zeigen Verständnis und werden "neugierig" auf das was Tierschutz heißt. Alles in allem ist es noch ein sehr weiter Weg, aber jeder noch so kleine Schritt in die richtige Richtung ist ein Erfolg.

 

Es finden regelmäßig Kindertage im Tierheim statt, die ganz großen Anklang finden. An diesen Tagen haben die Kinder die Möglichkeit viel über den richtigen Umgang mit Tieren zu erfahren. Weiterhin werden mit einzelnen Tieren Kindergärten und Grundschulen besucht, damit die Kleinsten überhaupt erst einmal ein Gefühl für unsere Mitgeschöpfe entwickeln. Außerdem nutzt man Veranstaltungen und präsentiert sich auf ihnen mit Infoständen und anderen Aktionen, usw.... Öffentlichkeitsarbeit hat mittlerweile einen sehr hohen Stellenwert.

 

Der Tierschutz in dieser Region hat sich für ungarische Verhältnisse dank dem Engagement der tierlieben Menschen gut entwickelt. Aber gerade dieser Zustand ist das, was sich zu unterstützen lohnt. Damit die dortigen Tierschützer auch weiterhin in der Lage bleiben Eigeninitiativen zu entwickeln aus denen wiederum positive Effekte und Synergien für die Zukunft entstehen können.

Die Denkweisen der alten Menschen in Ungarn und deren altmodische und oftmals grausame Einstellungen zur Tierhaltung wird man im Großen und Ganzen nicht mehr verändern können. Das was zählt ist die nächste Generation, die jetzt heranwächst und sich entwickelt. Wir sehen unser Engagement als Hilfe zur Selbsthilfe. Wir unterstützen die tierschutzorientierten Menschen in Ungarn, damit ihr Tun sich weiterhin gut entwickeln und auf diese Weise auch weiterhin als gutes Beispiel im eigenen Land fungieren kann. Denn nur auf diese Art und Weise wächst und entwickelt sich der Tierschutzgedanke im eigenen Land und hat dann auch die Kraft zur Nachhaltigkeit.

 

Da das Land Ungarn arm ist und die Tierheime so gut wie keine staatliche Unterstützung erhalten, sind sie tatsächlich größtenteils auf fremde Hilfe aus dem Ausland angewiesen, um den Tierheimalltag einigermaßen meistern zu können. Dankbar ist man für Alles was immer wieder und jeden Tag benötigt wird. Besonders ins Gewicht fällt natürlich die medizinische Versorgung. Fast jedes aufgenommene Tier ist in einem schlechten gesundheitlichen Zustand, weist Entzündungen auf und muss unbedingt medikamentös abgedeckt oder anderweitig untersucht und behandelt werden. Futter ist ebenfalls absolut von Nöten. Insbesondere ist es schwer Futter für die Kleinsten oder chronisch Kranken zu organisieren. Welpen bzw. Kitten Futter, aber auch spezielles Diätfutter für kranke Hunde ist immer besonders wertvoll. Man vergisst ganz oft, dass Vieles was für uns hier als selbstverständlich gilt, im Ausland oft gar nicht oder viel zu wenig verfügbar ist.

Leider ist die direkte Vermittlung von Tieren aus dem Tierschutz im eigenen Land noch sehr schleppend und in keinster Weise ausreichend um die Zahl der im Tierheim aufgenommenen Tiere auszugleichen. Wir waren erschrocken als man uns sagte, dass Tiere, die älter als 2 Jahre sind so gut wie gar keine Chancen mehr haben ein neues Zuhause in Ungarn zu finden. Dies führt zwangsläufig dazu, dass die Gehege überfüllt sind, die Tiere unendlich viel Stress haben und dies wiederum mehr Auseinandersetzungen zwischen den Hunden und mehr Krankheiten zur Folge hat. Die Tierheime könnten irgendwann keine Tiere mehr aufnehmen und wären somit auch nicht mehr in der Lage ihrer eigentlichen Aufgabe nachzukommen. Die Zahl der ausgesetzten Hunde auf der Straße würde entsprechend steigen. Das Ergebnis wäre, dass die Städte eventuell wieder anfangen würden zu töten. Das über Jahre hinweg erarbeitete Bewusstsein wäre verloren. Ganz wichtig ist, dass die Tierheime handlungsfähig bleiben, indem man ein „Ventil“ schafft, welches die Anzahl der Tiere in den Gehegen auf einem erträglichen Level hält. Zumindest vorerst. Glücklicherweise gibt es hierzulande immer mehr wunderbare Menschen, die dem Auslandstierschutz positiv gegenüberstehen und Tiere aus dem Ausland aufnehmen, um diesen dann ein liebevolles und schönes Leben zu ermöglichen.

 

Ja, wir werden uns weiterhin „so Etwas“ antun und bald wieder mit einem guten Gefühl im Herzen nach Ungarn fahren um die Menschen dort, die sich im eigenen Land für die Tiere einsetzen, mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu unterstützen.

Fakt ist nach wie vor: Es muss sich im Land selbst etwas ändern. Die endgültige Lösung für die Zukunft kann nur eine Änderung der Sichtweisen der Menschen in Ungarn im Umgang mit den Tieren sein. 
 

Wir hoffen wirklich von ganzem Herzen, dass es noch viele Tiere schaffen, das Elend dort hinter sich zu lassen, aber immer vor dem Hintergrund in die Zukunft zu schauen und insbesondere im Denken der Bevölkerung in Ungarn etwas zu verändern. Damit die Tiere, die nicht das Glück haben irgendwann nach Deutschland reisen zu dürfen, ihre Würde nicht verlieren und auch im eigenen Land eine Chance auf ein „gutes“ Leben haben.

 

Für uns ist es selbstverständlich und ein Akt der Nächstenliebe und Völkerverständigung eine gewisse Verantwortung zu übernehmen und im Ausland die dort im Tierschutz engagierten Menschen zu unterstützen. Ihnen dabei etwas mehr Hoffnung für die Zukunft zu schenken und dem geschundenen Tier, welchem man in die Augen geschaut hat, zu einem besseren Leben zu verhelfen. Tierschutz hat für uns viele Facetten. Gerade im Ausland muss man „mehrgleisig fahren“ um effektiv etwas zu erreichen. Man sollte auf der einen Seite natürlich das „große Ganze“ nicht aus den Augen verlieren. Gleichzeitig darf man jedoch das Schicksal eines jeden einzelnen Lebewesens nicht gegen das der vielen Anderen stellen. Wir finden dazu hat der Mensch kein Recht. Jedes Tier, welches die Chance auf ein besseres Leben erhält, sollte diese auch nutzen dürfen.

Fly, armes behindertes Mopsmädchen, wurde ausgemergelt auf der Strasse gefunden. Sie gehört heute zu den "Glücklichen".
Fly, armes behindertes Mopsmädchen, wurde ausgemergelt auf der Strasse gefunden. Sie gehört heute zu den "Glücklichen".